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09/2009

Die Saale - Teil II

Die nachfolgenden Ausführungen beruhen auf : auf Kühnlenz,F., Burgenfahrt im Saaletal, Rudolstadt 1974; Schifferverein Alsleben, Die Saale, das blaue Band, das sich durch Sachsen-Anhalt zieht, Alsleben 2005; Pfarre, K., Der Mittellandkanal-Südflügel, in VDI-Zeitschrift, Bd. 32, Nr. 42 vom 15.10.1938
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Die Saalebegradigung Der nach jahrelangen Verhandlungen am 24. Juli 1926 unterzeichnete Staatsvertrag zwischen dem Deutschen Reich und den beteiligten Ländern Preußen, Sachsen, Anhalt, Thüringen und Braunschweig sah außer der Fertigstellung des Mittellandkanals von Peine bis Magdeburg auch den Bau des sogenannten „Südflügels des Mittellandkanals“ in seinen wichtigsten Teilen vor. Der Südflügel, der ursprünglich mit sechs Ausbauobjekten ein äußerst anspruchsvolles Programm darstellte, reduzierte sich 1938 aus Kostengründen auf den Ausbau der kanalisierten Saale für 1000 t Schiffe von der Mündung bis Kreypau (bei Merseburg) und die Schaffung eines Anschlusskanals, ebenfalls für das 1000 t Schiff, bis Leipzig (Saale-Elster-Kanal, heute Saale-Leipzig- Kanal). Für Rothenburg besonders relevant waren dabei der Bau der Saaletalsperren Bleiloch und Hohenwarte (außerhalb des „Südflügel“-Programms gefördert) und der Ausbau der Saale für 1000 t Schiffe durch größere Schleusen und begradigte Fahrrinnen. Zunächst wurde 1926 mit dem Bau der Bleilochtalsperre begonnen, der bis 1932 andauerte. Die Mauer ist 205 m lang und 65 m hoch. Der Stausee mit einer Länge von 28 km und einem Stauvolumen von 215 Mio ist der größte in Deutschland. Beim Bau mußten 700 Menschen umgesiedelt werden; 20 Industrieanlagen wurden unter Wasser gesetzt. Der Bau der Bleilochtalsperre erfolgte innerhalb der Notstandsarbeiten des Landes Thüringen (Weltwirtschaftskrise mit hoher Arbeitslosigkeit). Durchschnittlich waren 1000 Arbeitslose für jeweils 6 Monate am Bau der Mauer tätig. Der Bau der Hohenwartetalsperre erfolgte zwischen 1935 und 1942. Die Mauer ist 412 m lang und 75 m hoch. Das Stauvolumen beträgt 182 Mio m³(damit viertgrößte Talsperre in Deutschland). Hier mußten 250 Menschen umgesiedelt werden. Beide Sperren sowie die Sperren Burghammer, Walsburg und Eichicht bilden die 80 km lange, fünffach gestaffelte Saalekaskade. Die Sperren dienen neben dem Hochwasserschutz und der Sicherung von Zuschußwasser für Saale und Elbe auch der Energiegewinnung (Bleiloch 80 MW, Hohenwarte 63 MW, vier Pumpspeicherwerke mit 467 MW). Seit Jahrzehnten sind sie ein beliebtes Ausflugs- und Erholungsgebiet. Mit der Fertigstellung der großen Talsperren der Saale sind die in den vergangenen Jahrhunderten verheerenden Hochwasserkatastrophen Geschichte. Der Hochwasserpegel der unteren Saale liegt damit fast 3 m tiefer als vor dem Bau der Sperren. Zwar gab es auch 1947 (7 m Unterpegel Trotha) und 1994 (6,83 m Unterpegel Trotha) erhebliche Hochwasser, die aber, wie am Fährhaus Brucke ablesbar, längst nicht mehr frühere Ausmasse erreichten. Die an der Saale bis Halle vor dem Staatsvertrag von 1926 bestehenden Schleusen entsprachen dem Saalemaß. Das Ziel, die Saale für 1000 t - Schiffe mit einer Breite von 9 m, einer Länge von 80 m und einem Tiefgang im vollbeladenen Zustand von 2 m von der Saalemündung bis Kreypau (Beginn des vorgesehenen Saale-Elster- Kanals bis Leipzig) auszubauen, erforderte daher den Bau von 9 neuen Schleusen und eine Begradigung enger Stromkurven. Mit den ersten Ausbauarbeiten im Rahmen von Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen wurde im Sommer 1932 begonnen. Die Schleusen waren Schleppzugschleusen (neuartiger rhombenförmiger Grundriss von 105 m Nutzlänge und 20 m Nutzbreite im 43 m langen Mittelteil). Die um 8 m gegeneinander versetzten Hubtore ware 12 m breit. Das Fluten und Leeren des Schleusenbeckens erfolgte durch geringes Anheben der Tore. Eine Schleusung dauerte ca. 30 Minuten. Die Hubtore wurden elektrisch betrieben. Am schwierigsten gestalteten sich die Arbeiten zum Bau der Schleuse bzw. des Schleusenkanals in Rothenburg. Hier galt es nicht nur, kurz unterhalb von Brucke eine für 1000 t - Kähne zu enge Kurve auszubauen (dabei mußte der dort befindliche Sportplatz aufgegeben werden; ein auf der Westseite der Saale gelegenes Uferstück gehört heute noch zu Rothenburg), sondern es mußte auch eine vorspringende Bergnase abgetragen werden, deren Verschwinden das Landschaftsbild völlig verändert hat. Dabei kam der gesamte Berg ins Rutschen. Am 29. Januar 1935 lösten sich ca. 2000 Geröll, welches die Gleisanlagen der mit den Erdarbeiten beauftragten Firma Baugesellschaft C. Kallenbach teilweise verschüttete. Ab 20. Mai erfolgte dann der große Bergrutsch, der zur vorübergehenden Einstellung der Arbeiten am Schleusenkanal führte. Es bildeten sich metertiefe Abrißspalten. Ca. 200.000 Gestein kamen mit einer Geschwindigkeit von knapp 2 cm pro Tag ins Gleiten, was ein ganzes Jahr andauerte. Einwohner sprachen vom „laufenden Berg“. In dieser Zeit wurden Umfang, Richtung und Schnelligkeit des Rutsches ermittelt. Geologen stellten fest, das man hier einen Berg angeschnitten hatte, der bereits vor über 10 000 Jahren einen gewaltigen Erdrutsch durchgemacht haben mußte. Um dem Berg eine notwendige Neigung von 3:1 zu geben, mußten ca. 800.000 Geröll und Fels abtransportiert und an anderer Stelle gelagert werden. Dies erfolgte in Form von Terassen in Richtung Nelben. Es entstand die höchste künstliche Uferböschung in Europa; ähnliches ist nur noch ein weiteres Mal auf der Welt, am Panama-Kanal, zu sehen. Die gesamten Gesteinsverlagerungen wurden mittels Feldbahnloren und kleinen Dieselloks vorgenommen. Auch fanden hier viele der im Jahre 1927 wegen Betriebsschließung arbeitslos gewordenen Rothenburger Beschäftigung. Es waren auf dieser Baustelle bis zu 350 Arbeitskräfte tätig. Als eigentliche Ursache des Bergrutsches wurde eine tiefliegende Tonschieferschicht ermittelt, deren Widerlager beim Ausheben des Schleusenkanals gestört wurde. Durch die Baumaßnahmen wurde der „Wilde Busch“, welcher sich früher bis zur oberen Bergkante erstreckte, nahezu vollständig vernichtet. Die ursprünglich geplante Saalerandstraße zwischen Brucke und Nelben konnte nicht fertiggestellt werden. Die Rothenburger Schleuse wurde 1942 vollendet, sie ist heute noch in Betrieb.