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09/2017
Die Geschichte des Amtes Rothenburg/Saale - Fortsetzung
(1820 bis 2017)
Quellen: P. Stuffrein, Zeittafel der Geschichte von Rothenburg an der Saale, Rothenburg 2016;
Festschrift 1050 Jahre Rothenburg an der Saale, Rothenburg 2011, S. 15-17
A. Möse, Der Amtsberg von Rothenburg an der Saale im Wandel der Zeit, Rothenburg 2008
Die Zeit nach 1820
Wegen Baufälligkeit wurde das alte Amtshaus der Domäne 1823 abgerissen. Amtsrat Kamprath ließ ein neues
Amtshaus erbauen, welches dann 1992 wegen Baufälligkeit endgültig abgerissen wurde.
Zur Domäne gehörten damals ca. 360 ha Ackerland, Feldwiesen, Obstplantagen, zwei Ziegeleien, eine Mehl-,
Öl- und Schneidemühle sowie das Fischereirecht.
Durch Erwerbungen vergrößerte sich die Fläche der
Domäne bis 1865 auf 389 ha, davon 275 ha Ackerland und
80 ha Weiden und Wiesen. Der Reinertrag betrug in jenem
Jahr 5181 Taler.
Laut Adressbuch der Gemeinde Rothenburg lebten auf
dem Amt 1890 107 Personen. Amtsvorsteher war um diese
Zeit Amtsrat Friedrich Meier jun.
Bis 1945, d.h. über die Zeiten des I. Weltkrieges, der
Weimarer Republik und des „Dritten Reiches“ bis zum
Ende des II. Weltkrieges blieb die Domäne als erfahrene
Produktionseinheit von landwirtschaftlichen Rohstoffen
und Nahrungsmitteln erhalten. Auch hier waren im I. und
II. Weltkrieg Kriegsgefangene und Zwangsarbeiter
eingesetzt.
Ehemaliges Herrenhaus – Gartenseite
Zur Führung der Domäne waren bis zu deren
Auflösung folgende Personen tätig:
Kirsten Pächter der Domäne
Gericke Hofverwalter
Wiedecke, Schneider Hofmeister
Sedelmeier Buchhalter
Kaltenbrunner Flurhüter
Seese Nachtwächter
Fuchs Kutscher
Schulze, Hertel P. Brennerei
Nebeling, P. Schmied
Pollandt, Jordan Stellmacher
Lindemann, Pollandt P. Gärtner
Haase Schweizer
Wachkommando Rothenburg im I. Weltkrieg
Mit dem Einzug der amerikanischen Truppen in Rothenburg Mitte April 1945 wurden die etwa 2000 Häft-linge,
Gefangenen und Zwangsarbeiter, die im Rothenburger Rüstungsbetrieb arbeiteten, befreit. Die Ameri-kaner
verordneten den Befreiten größte Zurückhaltung gegenüber der deutschen Bevölkerung. Trotzdem kam es zu
erheblichen Plünderungen in Rothenburg u.a. der Viehställe und der Schnapsbrennerei auf der Domäne.
Die Zeit nach 1945
Mit der Bodenreform begann in der sowjeti-schen Besatzungszone und mit der Gründung der DDR ein
neuer Abschnitt in der Geschichte des Amtsberges als Zentrum der Landwirtschaft des Ortes.
Im Oktober 1946 wurde unter der Losung „Junkerland in Bauernhand“ die Domäne aufgelöst, d.h. die
Ackerfläche von ca. 360 ha wurde an 36 Neubauern verteilt. Die Verteilung erfolgte an Landarbeiter und
Handwerker der Domäne, aber auch an Vertriebene aus den ehemaligen Ostgebieten. Die Aufteilung der Böden
mit guter Bodenwertzahl erfolgte in Flächen zu 4,5 bis 4,8 ha. Die aufgeteilten Flächen wurden dann verlost,
ebenso einige Wohnhäuser für insgesamt 35 Neubauernfamilien.
Weiterhin erhielten interessierte Bürger aus Rothenburg rechts der Straße nach Garsena bis Abzweig Dößel ca.
½ Morgen (1250 m²) Ackerland als Schrebergarten zur Eigenbewirtschaftung. Dafür wurden ca. 20 ha zur
Verfügung gestellt.
Es erfolgte die Bildung der Ortsvereinigung des VdgB (Vereinigung der gegenseitigen Bauernhilfe).
1947 wurde die Brennerei der Domäne geschlossen. Auf Weisung des Landrates wurde diese demontiert und
nach Hohenturm verlagert. Im Zeitraum 1946 bis 1953 errichteten sieben Neubauern Wohnhäuser mit
Stallungen, die noch heute bewohnt werden.
Zur besseren Nutzung der landwirtschaftlichen Großgeräte wurde 1948 eine Maschinen-Ausleih-Station (MAS)
geschaffen und 1950 in eine Maschinen-Traktoren-Station (MTS) umbenannt.
Am 20. Dezember 1950 brannte auf dem Amt die große Feldscheune ab. Mit der Versicherungssumme erfolgte
später auf der dortigen Fläche der Aufbau einer Baracke für die BHG (Bäuerliche Handelsgenossenschaft).
Diese BHG versorgte noch bis 1992 die Bevölkerung mit Dünger, Saat- und Pflanzgut sowie Kleinmaterial.
1952 wurde auf Druck von Partei und Regierung die erste Landwirtschaftliche Produktionsgenossenschaft
(LPG) gegründet. Sechs Neubauern traten dieser LPG bei. Viele Neubauern waren mit dieser
Zwangsmaßnahme jedoch nicht einverstanden, gaben ihre Betriebe auf und verließen die DDR in Richtung
BRD. Diese erste LPG „Neuer Weg“ löste sich bereits am 17. Juni 1953 wieder auf. Vom Kreis wurde ein
Leiter namens Bürger beauftragt, einen örtlichen Landwirtschaftsbetrieb (ÖLB) zu bilden, um die herrenlosen
Flächen der in den Westen geflüchteten Neubauern zu bewirtchaften.
Am 25.April 1954 fand im Saalkreis der erste „Landsonntag“ statt. Er diente in erster Linie dazu, die Bauern
zum Zusammenschluss zu einer LPG zu überreden. Diese Landsonntage wurden fortgesetzt, so dass sich
schließlich in Rothenburg im Jahr 1955 aus dem ÖLB wieder eine LPG, die LPG „Sturmvogel“ gründete, deren
Leitung Willi Fuchs übernahm. Bürger hatte sich mit wichtigen Unterlagen in den Westen abgesetzt. Bis 1958
traten schrittweise alle restlichen Neubauern in diese LPG ein.
In diese Zeit fielen auch die organisierten Ernteeinsätze der
Bevölkerung (Rüben verziehen, Getreideernte, Kartoffeln lesen).
Die Einwohner von Rothenburg wurden angehalten, ihre
Einkellerungskartoffeln selbst zu lesen. Als Gegenleistung erfolgte
der kostenlose Antransport der Kartoffelsäcke durch die LPG.
1956 wurde durch die LPG ein Rinderoffenstall errichtet,
welcher bis 1985 genutzt wurde. Danach wurde dieses Grundstück
an die Progero (Firma Kuhnert) als Lagerraum abgegeben.