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09/2017
Die Geschichte des Amtes Rothenburg/Saale - Fortsetzung
(1820 bis 2017)
F O R T S E T Z U N G
Allmählich gaben die Nutzer der Schrebergärten ihre Parzellen aus der Bodenreform auf.
Vereinzelte Baumpflanzungen führten jedoch zu Schwierigkeiten. Von den etwa 80 Eigentümern schlossen 60
einen Nutzungsvertrag mit den nachfolgenden LPG-Betrieben ab. Laut Vereinbarung waren für 0,125 ha
folgende Leistungen zu bringen:
- 0,25 ha Zuckerrübenpflege
- 16 Stunden Arbeit in der Erntezeit.
Dafür lieferte die LPG 500 kg Weizen.
Diese Verträge hatten auch noch in der späteren LPG-Pflanzenproduktion Domnitz Gültigkeit. Im Jahr 1991
wurden diese Flächen entschädigungslos in das Eigentum des Landes Sachsen-Anhalt überführt.
1959 wurde die LPG „Sturmvogel“ mit denen von Dobis und Dößel mit gleichzeitiger Übernahme der
Traktorenbrigade zusammengeschlossen. Die Zwangskollektivierung war abgeschlossen; alle Einzelbauern
waren in die LPG eingegliedert. Es entstand eine Groß-LPG mit einer Feldfläche von 1240 ha. Oft wechselten
die Vorsitzenden: Fuchs, Peter, Kopilow, Göcht. Ab diesem Zeitpunkt erfolgte eine Spezialisierung der
Tierhaltung in den Standorten Rothenburg, Dößel und Dobis:
Rothenburg: 90 Milchkühe, 120 Mastbullen, 200 Mastschweine, 350 Schafe
Dößel: Zuchtsauen, Milchkühe, Mastbullen
Dobis: Milchkühe, Jungrinder Schweine.
1969 begann die Ausbesserung der etwa 1000 m langen Straße auf dem Amtsberg, d.h. der vorhandene
unbefestigte Fahrweg wurde mit einer Betonfahrbahn ausgestattet. Für die Kosten standen von der Gemeinde
Rothenburg jährlich 5000 Mark zur Verfügung. Handwer-ker erbrachten statt Rübenpflege Leistungen für den
Straßenbau, Anwohner beteiligten sich ebenfalls an dem Objekt. 1973 waren die Arbeiten beendet.
1974 erfolgte die Gründung der Kooperative Abteilung Pflanzenproduktion (KAP). Diese „KAP“ wurde
gebildet durch:
LPG Typ I Schlettau, LPG Typ I Wettin, LPG-en Typ III Dößel/Rothenburg, Domnitz, Schlet-tau, Löbejün und
die Volkseigenen Güter (VEG) Wettin und Domnitz.
Die Betriebsgröße betrug ca. 4860 ha und erstreckte sich über elf Ortschaften im nordwestlichen Teil
des Saalkreises. Es gab Veränderungen beim Leitungspersonal. Vorsitzender wurde Kurt Brüning,
Produktionsleiter Heinz Göcht. Alfred Möse war für die Versorgung der etwa 4000 Rinder und 6000 Schafe
verantwortlich. Aus der „KAP“ wurde dann 1977 ein selbständiger Betrieb – LPG Pflanzenproduktion mit
Hauptsitz in Domnitz. 1980 wurde die Tierhaltung in Rothenburg aufgrund der Baufälligkeit des
Schweinestalles und der Konzentration der Milchwirtschaft in Schlettau und Dornitz aufgegeben. Nur die
Schafhaltung blieb bis 1991 bestehen. 1991 löste sich die LPG-Pflanzenproduktion mit Hauptsitz in Domnitz
auf und wurde 1992 als „Agrofarm Domnitz“ neu gegründet.
In Rothenburg gab es durch die Abwanderung der landwirtschaftlichen Verwaltung, Technik und der
Tierhaltung (zuletzt Schafhaltung) schließlich keinen landwirtschaftlichen Betrieb mehr. Damit hat die
landwirtschaftliche Tätigkeit auf dem Amt, später der Domäne und danach in der LPG seit Verlegung des Amtes
auf dem Amtsberg im Jahr 1691 nach genau 300 Jahren aufgehört zu existieren.
Zeugnisse eines einstmals repräsentativen Gutes jedoch verschwanden. Es erfolgte der Abriss der Gebäude der
ehemaligen Domäne: das große baufällige Gutshaus, der Kuhstall, der Pferdestall und eine Scheune. Es blieben
nur die Schmiede und der Saatgutspeicher erhalten.
Die Bewirtschaftung der ehemals zur Domäne gehörenden Ackerflächen erfolgte durch die „Agrofarm
Domnitz“; einige Hektar wurden zunächst von Dieter Müller aus Dößel (ein gebürtiger Rothenburger) und bis
heute von Uwe Müller bewirtschaftet. Wo früher in den 70iger Jahren bis zu 30 Familien ihre Arbeit und ihren
Broterwerb fanden, verrichten heute 3 bis 4 Mann mit Hilfe modernster Technik diese Arbeiten.
Im Jahr 1995 schrieb ein Chronist: „Wo noch 1975 etwa 760 Stück Vieh gehalten wurden, dreht heute nur noch
ein herrenloser Hund die Runde“. Oder ein anderer Chronist schreibt:
„Heute hört man ab und zu nur noch einen Hahn krähen. Die Haltung von Kaninchen und Tauben ist meist ein
angenehmer Zeitvertreib“.
Ab 1991 veränderte der Amtsberg seinen Charakter und erhielt ein völlig neues, modernes Gesicht. Bereits ab
1990 hatte die Sanierung und Modernisierung der Wohnhäuser (oft mit neuen Besitzern) begonnen In den
Folgejahren kamen neue Häuser hinzu; der Anschluss an die zentrale Abwasserversorgung erfolgte im Jahr
2006, und 2007 konnte ein Kinderspielplatz eingeweiht werden.
Ein tragischer Vorfall ereignete sich am 10. Januar 2003 auf dem Amtsberg. Ein Wohnhaus brannte bis auf die
Grundmauern ab. Zehn Feuerwehren aus dem Saalkreis und dem Kreis Bernburg waren im Einsatz. Wegen
Problemen bei der Alarmierung der Feuerwehr Rothenburg durch die Rettungsleitstelle Halle kam diese erst fast
zum Schluss an der Brandstelle an. Ursache war ein sogenanntes Funkloch. Auch die Sirene im Ort
funktionierte wegen des starken Frostes nicht. Es bestanden erhebliche Schwierigkeiten mit der
Löschwasserversorgung.
Bewohner und Anwohner des Amtsberges organisierten erstmals im Juni 2004 ein „Amtsbergfest“, das bei
Sport und Spiel zu einer erlebnisreichen Veranstaltung wurde. Bisher wurden 10 Amtsbergfeste, 11 Drachen-
feste und einige Schafschurfeste organisiert. Dieses Fest wurde dann jährlich im Mai oder Juni gefeiert. Die
positive Resonanz führte dann 2008 zur Bildung des „Rothenburger Amtsbergvereins“, der bis heute existiert.
Hofseite des Gutshauses vor dem Abriss So sehen die 1733 erbauten Drescherhäuser auf
dem Amtsberg heute aus
Impressum: Rothenburger Geschichte(n), Schriftenreihe Nr.43, September 2017, 10. Jahrgang Nr. 3,
Verantw. Ausgabe Nr. 43: P. Stuffrein