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12/2016
Neubau der Schleuse Rothenburg 1933 - 1942 Teil I
Die Saale in ihrer heutigen Form ist das Ergebnis einer von Menschen über mehr als 1000 Jahre geprägten
Kulturlandschaft. Unsere Vorfahren hatten entsprechend den wirtschaftlichen Interessen der jeweiligen Zeit bereits
eine Flussgebietsbewirtschaftung aufgebaut.
1935; Erdarbeiten am oberen Schleusenkanal 22. Mai 1941; Neue Schleuse Rothenburg
Schleusenbauten als Voraussetzung der Schiffbarkeit der Saale
Die Entwicklung eines Verkehrswegenetzes, be ginnend mit dem Bau von primitiven Natur und
Höhenwegen auf dem Land, späteren Heer- und Handelsstraßen, der Entwicklung des Postwesens im 16.
Jh., des Chausseebaus Ende des 18. Jh., des Beginns des Bahnverkehrs im 19. Jh. mit der zunehmenden
Industrialisierung und schließlich des Straßenbaus für die Automobilindustrie, ist untrennbar verbunden mit
der wirtschaftlichen Wasserstraßennutzung.
Im Laufe des 14. Jh. wurden die ersten Flussregulierungen als „Flutgerinne“, also recht einfache Schleusen,
errichtet. Einfache Wehre zum Anstauen des Oberwassers mit einem Abwasserkanal als Mühlengraben und
ein weiterer Abwasserkanal für die Schifffahrt waren der Ausgangspunkt einer bemerkenswerten Ent-
wicklung. In den folgenden Jahrhunderten wurde die Schiffbarkeit der Saale durch Baumaßnahmen ständig
verbessert. Zu nennen sind unter anderem der Bau der Steinschleusen von Halle, Trotha, Wettin,
Rothenburg, Alsleben, Bernburg und Calbe um 1695.
Weitere, den Flusslauf verändernde Wasserbaumaßnahmen, fanden Mitte des 19. Jh. durch ständige
Veränderungen an den Schleusen statt. Mit der aufkommenden Dampfschifffahrt er folgte eine weitere
Erhöhung der Gütertransporte per Schiff.
Der Saaleausbau in der 1. Hälfte des 20. Jahrhunderts
Die Saale veränderte sich auch im 20.Jh. als günstiger Transportweg zur Versorgung Mitteldeutschlands mit
Waren, Material und Gütern entscheidend. Die Ladekapazitäten der Schiffe wurden durch die damaligen
technischen Entwicklungen und den Ausbau der Schleusen Ende des 19. bzw. Anfang des 20. Jh., so für
450- Tonnen- Schiffe, ständig erhöht. Versuche, mit Schraubendampfern Kapazitätserhöhungen zu
erreichen, scheiterten an den damaligen unzureichenden Wasserständen.
Der 1929 fertiggestellte größte Umschlaghafen an der Saale in Halle - Trotha für 1000-Tonnen –
Schiffe erforderte nunmehr einen grundlegenden Ausbau der Saale von Halle bis zur Mündung.
Mit dem Bau der Bleilochtalsperre 1932 und Hohenwarte 1942 sollte durch Zuschusswasser die
Fahrrinnentiefe, unter anderem auch der Saale, verbessert werden. Für die Wasserbewirtschaftung der Saale
war es entscheidend, dass dem Tiefenausbau der Saale ein niedrigster Ausbauwasserstand zugrunde gelegt
wurde, der folgende Mindestwasserführungen vorsah:
-15 m³/s am Abzweig des Leipziger Kanals bei Merseburg
-21 m³/s unterhalb des Zuflusses der Weißen Elster
-25m ³/ s ab Bodemündung.
Mit diesen Wasserführungen war die Schiff- barkeit der Saale mit 1000-Tonnen- Schiffen möglich. 1*
Die ersten Planungen begannen bereits mit den Verträgen, die im Jahr 1921 beim Übergang der
Wasserstraßen von den Ländern auf das Reich abgeschlossen wurden. 1926 beschloss die
Reichsregierung- im Rahmen der Planungen für den sog. Mittellandkanal / Südflügel zum
Wasserstraßenanschluss von Leipzig - die Saale für 1000- Tonnen-Schiffe auszubauen.
Unmittelbar nach der “Machtergreifung“ im Januar 1933 (ein Drittel der arbeitsfähigen Bevölkerung war
arbeitslos; die industrielle Produktionskapazität war fast zur Hälfte unausgelastet) startete die Regierung
Hitler mit dem sogenannten Reinhardt-Programm. Es wurden unter anderem 75 Mio. RM für Bauten der
Reichswasserstraßenverwaltung bereitgestellt, so auch für die Herstellung des oberen Schleusenkanals für
die neue Saaleschleuse in Rothenburg 1,944 Mio. RM. 2*
Es begann nunmehr ab 1933 eine umfassende Realisierungs- und Fertigstellungsphase für bereits in der
Schublade liegende Projekte und weitere Vorhaben (bis Kriegsende 1945 nicht abgeschlossen). In unserer
Region begann der Bau fünf „baugleicher“ Großschleusen von Calbe bis Wettin. Sie sollten die bestehenden
kleinen Schleusen in Wettin - Fertigstellung kriegsbedingt 1954, Rothenburg 1942, Alsleben 1939,
Bernburg 1939 und Calbe 1941, ersetzen. Flussbegradigungen, Uferbefestigungen, Ausbaggern der
Fahrrinne und Abtrennung toter Nebenarme, Schleusen und Wehre- diese Komplexe bezeichnen die
umfangreichen Bauaktivitäten in der Zeit von 1932 – 1943 an der Saale.
Tote Nebenarme der Saale sind durch die Flussbegradigungen (Entkrümmung) noch heute in unmittelbarer
Umgebung von Rothenburg deutlich sichtbar : die Durchstiche in Plötzkau -1933, Alsleben - 1933-, Dobis -
1935, Trebitz - 1939, Mücheln - 1940. 3*
Die Saalebegradigung bei Rothenburg / Brucke-1941 und der Bau der Schleuse Rothenburg wurden durch
geologische Ursachen zeitlich verzögert und die finanziellen Aufwendungen erhöhten sich um ein
Vielfaches.
Der Schleusengraben bis zum oberen Vorhafen der neuen “Schleuse Rothenburg “
Die “Baugesellschaft C. Kallenbach“ (ein leistungsfähiges Bauunternehmen mit mehreren
Niederlassungen in Deutschland und Stammsitz in Hamm) betätigte sich zu jener Zeit schwerpunktmäßig
auf den Gebieten Wasserbau und Reichsautobahnen und hatte den Auftrag zum Bau der Schleusen von
Alsleben, Wettin und Rothenburg.