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12/2016
Neubau der Schleuse Rothenburg 1933 - 1942 Teil I
F O R T S E T Z U N G
1937 / 1938 Arbeiten nach dem Erdrutsch 1937 / 1938 Arbeiten nach dem Erdrutsch
Der Bau des neuen Schleusenkanals bis zum oberen Vorhafen der Schleuse Rothenbug wurde mit großen
Eingriffen im Saaletal begonnen. Der rechtsläufige Kurvenbereich der Saale – flussabwärts von Brucke aus
gesehen - musste durch umfangreiche Erdbewegungen flacher gestaltet werden. Geplant war eine
Verbindungsstraße von Brucke nach Nelben oberhalb des Tales, wurde aber nicht realisiert. Dem neuen
Schleusengraben mussten die vorhandenen Baumbestände weichen.
Durch umfangreiche Sprengungen über mehrere Monate hinweg an den Felsformationen des westlichen
Saalehanges und am Schleusengraben kam es zu Rissen, Klüften und Felsstürzen. Nach kleineren
Rutschungen lösten sich im Januar 1935 geschätzte 2000 m³ Fels- und Lockergestein. Tiefe Gräben und
Abrisskanten kündigten eine Katastrophe an und im Mai 1935 rutschten mehrere hunderttausende
Kubikmeter „Felsgestein“ bergab.
Baugrundgutachten über den Erdrutsch am oberen Schleusenkanal
Für die Öffentlichkeit zunächst unerklärbare gewaltige Rutschung wurde umgehend unter Leitung von Prof.
Dr. J. Weigelt, Rektor der Universität Halle von 1936-1945, Geologe und Paläontologe, untersucht.
Nach Weigelt vereinigten sich u.a. folgende ungünstige Faktoren zum Bauuntergrund des oberen
Saalekanals. 4*
- Ältere und jüngere Kluftsysteme (Kluft: feine Trennflächen im Gestein) kreuzen sich rechtwinkelig.
- Ältere und jüngere Faltungen sowie Schräglage der Muldenstrukturen zur Saale
- Gesteinsuntergrund und Schichtenaufbau aus sehr verschiedenen festen und veränderlich- festen Fels- und
Lockergesteinen, aus starren Sandsteinen, aus nachgiebigen Letten mit unregelmäßigem An- und
Abschwellen der Schichtenmächtigkeiten und plötzlichem Wechsel der Gesteinshärte durch Ersatz festen
Bindemittels durch Tonsubstanzen
- Junger Durchbruch der Saale, der durch Schmelzwasser entstand und durch nacheiszeitliche Hebung
vertieft worden ist
- Eiszeitlich starke Auflockerung des Hangs unter Zerstörung von festeren Gesteinsbänken in den
Frostschuttboden (Zersetzung des Bodens im Gesteinsschutt durch Frostsprengung)
- Am Westhang fallen die Schichten der Saale zu, im Südflügel fallen sie in Richtung der Fortbewegung der
Saale (heute deutlich sichtbar) und im Nordflügel fallen sie entgegengesetzt zur Fließrichtung der Saale.
(siehe Bild)
Tektonische Übersichtskarte des Saaledurchbruchs Im Nordflügel fallen die Schichten entgegengesetzt zur
zwischen Friedeburg und Könnern Saalefließrichtung (durch Terrassen nicht sichtbar)
Nach dem nicht veröffentlichten Gutachten von Weigelt ereignete sich vor mehreren tausend Jahren im
Bereich der Halle - Hettstedter Gebirgsbrücke ein unvorstellbarer gewaltiger keilförmiger Erdrutsch, der
unter einer jüngeren Deckschicht verborgen liegt.
Diese Deckschicht aus rutschempfindlichen Massen (Fels- und Lockergesteinen, aus starren Sandsteinen,
nachgiebigen Letten , plattem Sandsteinschiefer, Glimmerlagen und Tonsubstanzen ) wurde durch
Erdarbeiten und Sprengungen gestört und es entstanden zwangsläufig gewaltige unkontrollierbare Schäden
durch den erneuten Erdrutsch im 20. Jahrhundert.
Weigelt erbrachte relativ schnell den Nachweis, dass der Baugrund durch unterschiedliche Schichtenglieder
bis zu einer Tiefe unter 50 m N.N. sich sehr instabil darstellt (die Kanalsole liegt im Vergleich über 64,10 m
N.N.) .
Schlussfolgernd ist festzustellen, dass der Bergrutsch am oberen Schleusengraben auf unzureichende
Bauvorbereitungen und Realisierungsmängel zurückzuführen ist.
Quellenverzeichnis :
1* Reimann, Seiert“ Das Einzugsgebiet der Saale vor dem
Hintergrund der geplanten Wasserrahmenrichtlinie der EU“
Nova Acta Leopoldina, Halle (Saale) NF 84, Nr.319 ,2001
2* Dr. Hüfner “ Die Neuordnung der dt. Verkehrswirtschaft
unter dem Einfluss von ABM“ Junker und Dünnhaupt
Verlag / Berlin 1936
3* Villwock , Porada “ Das untere Saaletal “ Böhlau Verlag
Köln Weimar Wien 2016
4* Dr. Ing.Keil “ Grundlagen und Anwendung der Baugrund-
u. Baustofflehre der natürlichen Fels-und Lockergesteine“
Wilhelm Knapp Verlag Halle (Saale) 1954
Impressum : 1941 Dammrückbau zum oberen Schleusenhafen Bau des oberen Schleusenhafens um 1939 / 1940
Rothenburger Geschichte(n), Schriftenreihe Nr.40, Dezember 2016 , 9. Jahrgang -Nr.4
Verantw. : Angelika Schramm, Wolfgang Becker