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11/2015
Die Viktorshöhe
Quellen: Rosemarie und Gerhard Kellermann, Chronik der Stadt Gernrode, Gernroder Kulturverein e.V. 2013;
Betriebsgeschichte VEB Draht- und Seilwerk Rothenburg, Teil II, Rothenburg 1980;
Wikipedia;
Speiseraum der Viktorshöhe um 1978 Bettenhaus
um 1980
Der Untergang
Mit der politischen Wende im Jahr 1990 begann jedoch der Untergang der Viktorshöhe. Ferienheim und
Gaststätte wurden geschlossen. Die Grenzen waren offen und jeder konnte in die alten Bundesländer und in
ferne bisher unbekannte Länder in aller Welt reisen – wenn denn die finanziellen Mittel vorhanden waren.
Wer wollte da noch auf der Viktorshöhe seinen Urlaub verbringen?
Die Westfälische Drahtindustrie als neuer Besitzer des Drahtwerkes in Rothenburg hatte kein Interesse an der
„Höhe“, und so wurde diese von der Treuhandanstalt übernommen. Die Suche nach einem neuen Besitzer
verlief ergebnislos. War zunächst noch eine Art Hausmeister zur Sicherung des Objektes eingesetzt, verließ
auch er bald diesen Ort. Die seit dieser Zeit leerstehenden Gebäude verfielen nach und nach.
Vandalismus zog ein, und alles wurde zerstört. Zurückgelassene Einrichtungsgegenstände liegen in der
Gegend verteilt herum und bieten ein Bild von Zerstörung und Verwahrlosung. Sogar der schöne grüne
Kachelofen aus dem ehemaligen Speiseraum wurde demontiert und abtransportiert.
Im Bettenhaus hängt noch hier und da eine Lampe an der Decke. Bunte Glasfliesen verweisen auf einstige
Badezimmer. Durchgetretene, aufgerissene Fußböden sind überall zu sehen. Fenster mit zerschlagenen
Scheiben erlauben dem Wind, durch die zerstörten Zimmer zu fegen. Von Touristen aus Hamburg wurden am
23. März 2012 auf der Viktorshöhe in den Trümmern der abgebrannten Finnhütte die Überreste eines
Leichnams entdeckt. Völlig unklar ist, wann die Hütte abbrannte. Niemand hatte einen Brand bemerkt. Bei
dem Toten handelte es sich um einen 59-jährigen Mann aus Gernrode. Er war von seiner Vermieterin bereits
am 27. Januar des Jahres als vermisst gemeldet worden. Der Mann war als „Double“ des Wrestling-Stars
Hulk Hogan bekannt. Er hatte mit schulterlangem hellblond gefärbtem Haar, ebenfalls blondem
Schnurrbart, gebräunter Haut und ausgeprägten Muskeln dem Wrestler Hogan frappierend ähnlich gesehen.
Lediglich Körpergröße und Gewicht reichten nicht an ihn heran.
Der Turm
Nahe des Ferienheimes stand bis zu seinem Einsturz im November 2012 der letzte hölzerne Turm auf der
Viktorshöhe. Er diente u.a. als Feuerwachturm und Stellfläche für Antennen verschiedener Funkdienste. In
den 1980iger Jahren wurde der Turm wegen seiner guten Höhenlage auch von Funkamateuren der dama-ligen
Bezirkscontest-Mannschaft des DDR-Bezirkes Halle unter dem Amateurfunkrufzeichen „Y34H“ bei
zahlreichen internationalen Amateurfunkwettbewerben genutzt. Dieser Turm war nicht als Aussichtsturm
errichtet worden, sondern diente als Ort für ein trigonometrisches Hochsignal über einem trigonometrischen
Punkt 1.Ordnung der Landvermessung und zu diesem Zweck als Beobachtungsturm.
Der Brand
Am 1. August 2014 um 3.33 Uhr wurde die Freiwillige Feuerwehr Harzgerode alarmiert. Die genaue
Örtlichkeit des Brandes war zunächst nicht auszumachen. Deshalb wurden auch die Feuerwehr Quedlinburg
und die Ortsfeuerwehr Gernrode informiert. Nach einigen Wirren musste festgestellt werden:
„Brennt Gebäude, größeres Feuer“. Daraufhin wurden auch die Feuerwehren Friedrichsbrunn, Ballenstedt,
Rieder und Quedlinburg alarmiert. Vor Ort stand das Haupthaus des ehemaligen Betriebsferienheimes des
Drahtwerkes Rothenburg auf der Viktorshöhe in hellen Flammen. Da kein Löschwasser zur Verfügung stand,
musste das Wasser im Pendelverkehr mittels Tankfahrzeugen vom Bergrat-Müller-Teich herangeschafft
werden. Die Feuerwehren konnten sich nur noch darauf beschränken, umliegende Gebäude vor einer
Brandausbreitung zu schützen. Das Haupthaus brannte bis auf die Außenwände vollständig ab. Erst gegen
21.00 Uhr konnte das letzte Löschfahrzeug die Brandstätte verlassen.
Die Teufelsmühlen
Um die beiden Granitsmassive auf der Viktorshöhe, große und kleine Teufelsmühle genannt, in unmittelbarer
Nähe des ehemaligen Ferienobjektes rankt sich folgende Sage (nach den Gebrüdern Grimm):
„Ein Müller hatte sich am Fuß des Berges eine Windmühle erbaut, der es aber zuweilen an Wind fehlte. Da
wünschte er sich oft eine, die oben auf dem Berggipfel stünde und beständig im Gange bliebe.
Menschenhänden war sie aber unmöglich zu erbauen. Weil der Müller keine Ruh darüber hatte, erschien ihm
der Teufel und sie dingten lange einander. Endlich verschrieb ihm der Müller seine Seele gegen dreißig Jahre
langes Leben und eine tadelfreie Mühle von sechs Gängen auf dem Gipfel des Ramberges, die aber in der
nächstfolgenden Nacht vor Hahnenschrei fix und fertig gebaut sein müßte. Der Teufel hielt sein Wort und
holte nach Mitternacht den Müller ab, daß er die fertige Mühle besichtigen und übernehmen wolle. Der
Müller fand alles in vollkommener und Ordnung und war zitternd bereit, sie zu übernehmen, als er eben noch
entdeckte, daß einer von den unentbehrlichen Steinen fehlte. Der Teufel gestand den Mangel und wollte ihn
augenblicklich ersetzen. Und schon schwebte er durch die Lüfte mit dem Stein, da krähte der Hahn auf der
unteren Mühle. Wütend fasste der böse Feind das Gebäude, riß Flügel, Räder und Wellen herab und streute
sie weit umher. Dann schleuderte er auch die Felsen, daß sie den Ramberg bedeckten. Nur ein kleiner Teil der
Grundlage blieb stehen zum Andenken seiner Mühle“.
Reste des eingestürzten Turmes Das brennende Haupthaus auf der Viktorshöhe Naturdenkmal Große Teufelsmühle
Impressum : 500 Jahre Industriegeschichte Rothenburg a.d. Saale e.V., Am Kindergarten 11, 06193 Wettin-Löbejün
Verantw. : P. Stuffrein