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12/2013
Die Voigt-Orgel in der St. Marien Kirche zu Rothenburg (Saale)
Nachfolgende Ausführungen beruhen auf :
Ferdinand Wilcke, Die Geschichte des Hüttenortes Rothenburg an der Saale,, Rothenburg 1832;
Tim–Dietrich Meyer, Die Gottlob-Voigt-Orgel in Rothenburg an der Saale, in: Heimat-Jahrbuch Saalekreis 2008
Die St. Marienkirche zu Rothenburg ist im Vergleich zu anderen Dorfkirchen der hiesigen Region ein junger
Bau.
Nachdem 1842 ein erheblicher Teil der alten Kirche eingestürzt war, musste die alte Kirche abgerissen
werden.
Im Jahre 1843 wurde mit Hilfe einer Stiftung des preußischen Königs Friedrich Wilhelm IV mit dem Neubau
der Kirche nach Plänen von Friedrich August Stüler (1800 - 1865), eines Schülers von Karl Friedrich
Schinkel (1781-1841), begonnen. Die neue Kirche wurde mit lokalen Rotsandsteinquadern aus dem
‚Schenkenbruch‘ in der ‚Hohle‘ am gleichen Standort im neuromanischen Stil erbaut; diesmal aber größer
und mit stabileren Fundamenten. Die Gruftanlagen der Kirche sowie alle Gräber und die Friedhofsmauer
wurden ohne Rücksicht auf Alter und historischen Wert eingeebnet. Dadurch entstand ein fester freier Platz,
der heutige Kirchplatz. Nach nur einem Jahr Bauzeit wurde 1844 die Kirche St. Marien zu Rothenburg
geweiht.
Auch die vorhandene Orgel in der alten Kirche war so baufällig, dass sie einige Jahre vor 1828 mitten im
Spiel verstummte. „Man musste nun auf Mittel sinnen, den Neubau einer Orgel zu bewerkstelligen, da die alte
nicht mehr zu reparieren sei“, wie eine alte Akte belegt.
Noch einige Daten zu dieser Vorgängerorgel sind interessant. Als im Jahre 1914 in Wimmelburg (bei
Lutherstadt Eisleben) eine Orgel abgebaut wurde, fand man auf Holzteilen aufgeklebte Zettel mit mehreren
Inschriften. Eine davon lautete:
„Dießes Orgel-Werck ist von mir, Johann Christoph Zuberbier, privilegierter Orgel-Bau-Meister vom Saal-
Kreis, Anno 1771 im Monat April verfertigt worden.“
Eine andere Inschrift besagte: „Diese Orgel ist erbauet unter der Regierung Seiner Königl. Majestät in
Preußen Friedrich des II. auf Befehl des Hochpreisl. Bergwerks und Hütten Departements des Königl.
General-Ober Finantz Kriegs- und Domänen Directorii und unter Veranstaltung des Königl. Preuß.Berg-
Amtes allhier - Rothenburg an der Saale den 13ten Maet (Mai) 1771.“
Es lässt sich zweifelsfrei nachweisen, dass der Orgelbaumeister Voigt aus Polleben 1834 die Wimmelburger
Orgel aufstellte. Der Orgelbauer Voigt hatte 1829 / 30 an die Stelle der Zuberbier-Orgel in Rothenburg ein
neues Werk eingesetzt und nach altem Brauch sicherlich das alte in Zahlung genommen. Diese Voigt-Orgel
stand zunächst noch ca. 15 Jahre in der alten Kirche, bevor sie in das neue, 1844 fertig gestellte heutige
Kirchengebäude umgesetzt wurde.
Es handelt sich um eine mechanische Schleifladenorgel mit vierzehn Registern, verteilt auf ein Manual und
ein Pedal. Der schön gegliederte Prospekt ist in klassizistischen Formen gehalten. Ein größeres Mittelfeld
wird von zwei Seitenfeldern flankiert. Die geschnitzten Schleierbretter zeigen sich aufwändig gearbeitet.
Leider wurden die Originalprospektpfeifen im Laufe der Zeit durch Zinkpfeifen ersetzt. Das Manual besitzt
schwarze Unter- und weiße Obertasten. Die Registerzüge sind allesamt noch original erhalten. Bis auf die
Register, welche im 20. Jahrhundert Veränderungen erfuhren, ist die Originalsubstanz des Instruments fast
vollständig.
Die Voigt-Orgel in der St. Marienkirche zu Rothenburg ist das einzige noch vorhandene und spielbare Werk
dieses vergessenen Orgelbauers im Saalekreis, wenn auch mit Vorbehalt.
Im Jahre 2009 beschloss der Gemeindekirchenrat, die Restaurierung der Voigt-Orgel in Angriff zu nehmen.
In einer Stellungnahme zur Sanierung der Orgel schätzte der Orgelsachverständige Tim-Dietrich Meyer das
Instrument als wertvoll ein und befürwortete eine Restaurierung. Auch das Landesamt für Denkmalpflege
empfahl die Förderung der Orgel-Restaurierung als eine Maßnahme, die zu einer wesentlichen Bereicherung
der Orgellandschaft im mittleren Saaletal bedeutend beitragen würde: „Hervorzuheben ist, dass das
Orgelwerk in einem bemerkenswerten und landschaftlich sehr schön über dem Saaletal gelegenen Kirchenbau
des Schinkel-Schülers Friedrich August Stühler steht und somit zur Ausstattung eines auch
architekturhistorisch besonders wertvollen Bauwerkes gehört.“
Auf Grundlage des Konzeptes von Orgelbauer Thomas Schildt aus Halle (Saale), welches die Restaurierung
der Rothenburger Orgel in zwei Bauabschnitten vorsah, begann im Herbst 2012 der 1. Bauabschnitt der
Sanierung der Orgel. Im 1. Bauabschnitt wurde die technische Instandsetzung des Instrumentes mit der
Überarbeitung aller Orgelbestandteile durchgeführt. Der Schwerpunkt der Arbeiten lag auf der klanglichen
Wiederherstellung der Orgel vom Jahr 1829 (Erbauungszeit). Die Stimmtonhöhe wurde wieder auf a’ = 470
Hz (bisher a’= 440 Hz) hergestellt. Dafür waren umfangreiche Arbeiten notwendig. Die Arbeiten des 1.
Bauabschnittes wurden im Juni 2013 abgeschlossen.