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06/2010
Das Oberbergamt Rothenburg/S. (1772 – 1815) Teil I
F O R T S E T Z U N G
Das Oberbergamt Rothenburg in der Zeit von 1772 bis 1806
Bereich des Oberbergamtes 1772 Gelände der Schmelzhütte 1792
Mittels
Kabinettsorder
vom
7.
Dezember
1772
wurde
durch
Friedrich
II.
die
Gründung
des
von
der
o.g.
Bergordnung
vorgesehenen
Oberbergamtes
als
„Magdeburg-Halberstädter
Oberbergamt
in
Rothenburg
an
der
Saale“
unter
Leitung
des
Oberbergrates
Le
Petit
vollzogen.
Da
das
Oberbergamt
bereits
am
1.
Januar
1773
seine
Arbeit
aufnehmen
sollte,
erfolgten
schon
am
30.
12.
1772
in
Rothenburg
die
feierliche
Einführung
und
Vereidigung
seiner
Amtsträger
durch
den
Präsidenten
der
„Magdeburger
Kriegs-
und
Domänenkammer“
von Gaudi.
Im
Rahmen
dieser
Feierlichkeiten
zur
Gründung
des
Oberbergamtes
fiel
beim
Wirt
des
Zechenhauses
(heute
abgerissen),
Johann
August
Karsten,
eine
Rechnung
über
3
Taler,
17
Groschen
und
2
Pfennige
an.
Die
Gesamtkosten
der
Feierlichkeiten
wurden
mit
21
Talern,
8
Silbergroschen
und
12
Pfennigen
beziffert.
Im
Vergleich dazu betrug der Verdienst des Oberbergamt-Direktors 1700 Taler im Jahr.
Das Oberbergamt wurde 1773 mit folgenden Amtsträgern besetzt:
Direktor Oberbergrat Le Petit Obergeschworener Geschw. Kühnemann
Oberbergamtsrichter Bergrat Melde Markscheider Geschworener Anger
Oberbergmeister Bergmeister Decker Amtsschreiber Bergsekretär Fassbauer
Oberhüttenmeister Hauptinspektor Unger
Mit
der
Gründung
des
Oberbergamtes
wurde
die
gesamte
Wirtschaftsführung
der
Bergwerks-eigentümer
weitestgehend
der
staatlichen
Aufsicht
und
Leitung
unterstellt.
Es
unterstand
nur
dem
Bergwerks-
und
Hüttendepartement
in
Berlin.
Allerhöchste
Priorität
hatte
die
Steigerung
der
Kupferproduktion,
denn
Rothenburg
und
Friedeburgerhütte
waren
zu
jener
Zeit
im
preußischen
Staat
die
einzigen
Kupferproduzenten.
Im
Rahmen
der
Kriegsplanung
Friedrichs
II.
war
Kupfer
für
die
Herstellung
von
Kanonen und Munition von allergrößter Wichtigkeit.
Das
Oberbergamt
allein
war
befugt,
über
Annahme
und
Entlassung
der
Arbeiter,
über
Festsetzung
der
Löhne,
über
Gewinn-
und
Verlustrechnung,
das
Auffinden
und
Gewinnen
von
Kupferschiefer
sowie
das
Anlegen neuer Gruben zu entscheiden.
Als
weitere
wichtige
Aufgabe
erhielt
das
Oberbergamt
die
Gerichtsbarkeit
in
erster
Instanz
für
alle
bergrechtlichen
Streitsachen.
Weiterhin
übernahm
es
die
Gerichtsbarkeit
der
Amtsmänner
und
setzte
dafür
einen
„Justitiarius“
ein
(1772
Melde,
1780
Singer,
1789
Kleemann).
Sogar
für
Hochzeiten
war
die
Zustimmung des Oberbergamtes erforderlich.
1772 umfasste der Bezirk des Oberbergamtes Rothenburg Gebiete des Herzogtums Magdeburg mit
dem
Saalekreis
und
der
Grafschaft
Mansfeld
(preußischer
Anteil:
Gebiet
um
Burgörner,
auch
„Preußische
Hoheit“
genannt),
das
Fürstentum
Halberstadt
und
die
Grafschaft
Hohenstein
mit
allen
darin
befindlichen
königlichen
und
privaten
Berg-
und
Hüttenwerken,
Steinbrüchen,
Pochwerken,
Torfmooren
und
Kalkbrennereien. (Abb. 1)
Rothenburg
entwickelte
sich
so
zu
einem
Verwaltungszentrum.
Diese
Konzentration
hing
auch
damit
zusammen,
dass
berg-
und
hüttentechnisch
befähigte
private
Bergbauunternehmer
fehlten
und
somit
der
Raubbau von Erzen sowie Unfälle infolge unsachgemäßer Betriebsführung unterbunden werden sollten.
Die
Bedeutung
des
Oberbergamtes
kam
auch
darin
zum
Ausdruck,
dass
die
Kriegs-
und
Domänenkammern
zu
Magdeburg
und
Halberstadt
sowie
die
Hohensteiner
Kammerdeputation
zu
Ellrich
alle
Bergwerksakten
dem neuen Oberbergamt in Rothenburg/S. überlassen mussten.
Die
Bergräte,
Bergbauingenieure,
Bergmeister
und
andere
leitende
Beschäftigte
waren
Staatsbeamte.
Sie
wohnten
im
Schloss,
in
der
„Reichen
Reihe“
gegenüber
dem
„Langen
Haus“
(heute
August-Bebel-Straße)
und
in
anderen
Gebäuden
des
Ortes
bzw.
des
Betriebsgeländes.
Das
Oberbergamt
selbst
befand
sich
nicht
im
Schloss,
sondern
in
einem
separaten
Gebäude
gegenüber
der
östlichen
Längsseite
des
Schlosses,
zumindest
im Jahr 1792 (Abb.2).
Die
Anwesenheit
des
Oberbergamtes
und
die
Kupferverhüttung
in
Rothenburg/S.
wie
auch
der
Bergbau
in
der
Umgebung
brachten
dem
Ort
eine
solche
Blüte,
dass
Rothenburg/S.
zwischen
1780
und
1812
auch
„Klein-Berlin“
genannt
wurde.
Hier
vereinigten
sich
Land-
und
Stadtleben.
Nachweislich
besuchten
Alexander
und
Wilhelm
von
Humboldt,
Karl
von
la
Roche
(Sohn
der
deutschen
Schriftstellerin
Marie
Sophie
von
la
Roche),
Friedrich
Wilhelm
von
Reden
(Oberberghauptmann
und
Minister)
und
James
Watt
jun. (Sohn des Erfinders der Dampfmaschine) Rothenburg/S. für längere oder kürzere Zeit.
(Fortsetzung folgt)
Impressum:
500 Jahre Industriegeschichte Rothenburg a. d. Saale e.V., Am Kindergarten 11, 06420 Rothenburg/Saale
Verantw. Ausgabe Nr. 11 – Das Oberbergamt Rothenburg/S. – 1772 - 1815 – Teil I: P. Stuffrein